Technische Lösungen für medizinische Probleme: Augenoptikermeister Sven Rokitte im Gespräch
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Augenoptiker brauchen Überblick, denn gutes Sehen ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Allein das Thema Augengesundheit streift medizinische, biologische und anatomische Fragen; bei der Lösung helfen Kenntnisse in Physik, Mechanik und Materialkunde. Und neben Fachwissen sind auch ausgeprägte Fähigkeiten gefragt – handwerkliche wie intellektuelle. Gut, wenn Generalisten mit feinmechanischem Geschick das Team bereichern.
Augenoptikermeister Sven Rokitte ist das jüngste Mitglied im Team von Optik Müller – und er versteht sich als Generalist. Ihn fasziniert der Zusammenhang zwischen Sehsinn, dem Aufbau des Auges und den technischen Möglichkeiten, Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Er vereinigt breites Wissen mit feinmechanischen Fähigkeiten, die ihn zu einem idealen Berater machen – gerade auch in Notfällen.
Augenoptiker: ein Notfallgewerk, in dem Einfallsreichtum und Präzision zählen
Stellen Sie sich vor, Ihre Brille ist kaputtgegangen und Sie müssen am nächsten Tag eine Prüfung schreiben. „Genau das ist einer Kundin kürzlich passiert“, erzählt Rokitte. „Sie war auf die Brille dringend angewiesen und hätte die Klausur absagen müssen. Es war kurz vor Feierabend und den Austausch eines defekten Teiles konnte sie nicht abwarten. Also habe ich mich hingesetzt und die Brille repariert, indem ich einige Kleinteile in minutiöser Arbeit selbst zurechtgeformt und zusammengebaut habe. Am nächsten Morgen war das Gestell einsatzbereit und der Kundin fiel ein Stein vom Herzen.“
Eine Alltagssituation, sollte man meinen. Und doch steht man bei Optikanbietern im Notfall hilflos da, wenn diese nur verkaufen können. Rokitte ist anders: „Ich will verstehen“, sagt er. „Was andere Fummelsarbeit nennen, ist meine Berufung: Schon als Kind habe ich teure Automodelle meines Vaters auseinander- und wieder zusammengebaut. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen, aber es fehlte anschließend keine Schraube.“ Augenoptiker, so Rokitte, seien immer auch Handwerker. „In meiner Jugend habe ich im Bauhandwerk ausgeholfen – aber letztlich war mir das zu grobmotorisch.“
5 Fähigkeiten, die Augenoptiker mitbringen sollten
Seine Welt ist der Feinschliff. Neben der fachlichen Qualifikation – und gutem Werkzeug – zählt Rokitte fünf praktische Fähigkeiten auf, die einen Augenoptikermeister auszeichnen:
Geduld und ein stabiles Nervenkostüm
Konzentration und eine ruhige Hand
Kreativität
Lösungsorientierung
zügiges und effizientes Arbeiten
„Letzten Endes geht es darum, eine technische Lösung für ein medizinisches Problem zu finden“, resümiert er. Dies sei auch der Grund, aus dem er auf Querschnittsqualifikation setze: „Der Sehsinn ist sehr divers und komplex zusammengesetzt. Bei einer Erstberatung nehme ich daher gerne ein Modell des menschlichen Auges zu Hilfe. Hier sieht man plastisch, das Fehlsichtigkeit eine lange Kette von Funktionen betrifft: von der Hornhaut über den Irismuskel, die Linse, den Glaskörper bis hin zur Netzhaut und den Sehnerv. Unser menschliches Sehen konzentriert sich auf die so genannte Sehlochgrube, die nur fünf Prozent der Netzhautfläche einnimmt. Und: Wir haben zwei Augen. Deren Zusammenspiel ist für die Lösungsfindung enorm wichtig.“
Das Ziel bleibt die passende Lösung – und die hängt immer vom Kunden ab
Kundinnen und Kunden für das Sehvermögen zu sensibilisieren und gemeinsames Verständnis zu schaffen, sieht Rokitte als unverzichtbaren Bestandteil einer fundierten Beratung. „Ein grundlegendes Bewusstsein schafft Verantwortung für den Erhalt des Gesichtssinns“, gibt er seine Erfahrung wieder. „Mein Ehrgeiz ist es daher, das ganze Feld abzudecken. Themen, die für mich eher neu sind, erarbeite ich mir, bis ich im Detail Auskunft geben kann. Ein Meister soll nicht im Gespräch aufstehen und fragen gehen, sondern als Kompetenzträger sicher aufklären können.“
Im Beratungsgespräch zählt für ihn die gemeinsame Basis – auch menschlich. „Ich bin noch relativ jung und pflege meine thematische Aufgeschlossenheit. Dabei darf der Ton je nach Kunde auch gerne einmal locker und humorvoll sein. Gute Erfahrungen mache ich gerade auch mit Kindern und Älteren. Mein Anspruch ist es, mich ganz in die Lage einer Person hineinzuversetzen.“ Gelegentlich freut er sich über Aha-Effekte: „Es gibt zum Beispiel eine Faustregel zu Kurzsichtigkeit, die auch für Laien interessant ist. Um diese grob abzuschätzen, teilt man eins durch die negative Dioptrien-Zahl und erhält als Ergebnis den Nahbereich, in dem man klar sieht. Bei minus vier Dioptrien sind das also etwa 25 Zentimeter. Die Rechnung funktioniert auch umgekehrt – aber sie ersetzt natürlich keine Messung.“
Zur Person: Sven Rokitte
Seine Lehre nahm Sven Rokitte 2015 nach einem Praktikum bei einem Augenoptikermeister auf. Direkt nach der Gesellenprüfung 2018 begann er die Meisterschule. Die hierfür erforderliche berufliche Praxis holte er parallel in Ferien- und Wochenendarbeit auf. 2020 schloss er die Meisterschule mit dem Titel als „staatlich geprüfter Augenoptiker und Augenoptikermeister“ ab. Es schlossen sich je zwei Jahre Berufstätigkeit in Rodenkirchen und Lindenthal an. Seit September 2024 arbeitet Rokitte im Team von Optik Müller.
