Nachhaltige Brillen – gibt es das?
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Gläser: Kunststoff. Gestell: meistens Kunststoff. Leicht, praktisch und komfortabel sind die Brillen von heute, und daran hat das vielseitige Material einen wichtigen Anteil. Aus demselben Grund wirkt eine Brille andererseits nicht gerade wie ein Produkt vollendeter Nachhaltigkeit. Die gute Nachricht: Es hat sich viel getan und nachhaltige Brillenmode ist mittlerweile Realität. Der Ansatzpunkt liegt dabei – natürlich – am Kunststoff.
Zwei Anbieter mit ganz unterschiedlichen Lösungen haben wir in unser Programm aufgenommen: Sea2See recycelt Kunststoff aus Meeresmüll und Wallenfels stellt im 3D-Drucker Gestelle auf Basis von Rizinus her.
Sea2See: Brillen aus recyceltem Meeresmüll
Sea2See-Gründer François van den Abeele war, als er begann eine Brille zu tragen, selbst aufgefallen, dass dies alles andere als ein nachhaltiges Produkt war. Weil er sich häufig in Entwicklungsländern aufgehalten und beruflich viel mit Meeren zu tun hatte, begann er 2015 für ein Projekt Kapital zu sammeln, das über Recycling von Plastikmüll in Meeren Rohstoffe für die Produktion nachhaltiger Brillengestelle gewinnen sollte.
Mit Erfolg: Heute werden aus dem Müll verschiedene reine Kunststoffe gewonnen, die direkt in die Produktion eingehen. Ein Brillengestell entspricht dabei etwa einem Kilo maritimen Plastikabfalls.
Die Brillenkollektion von Sea2See gibt es seit 2017. Das Material wird in Frankreich, Spanien und Westafrika gesammelt, die Rezyklate in Italien zu Brillen verarbeitet. In Ghana befreien Beteiligte nicht nur die Küstenregionen von Müll, sondern auch ein großes Fischereigebiet am Volta-Stausee. Aus alten Fischernetzen wird vor allem Polyamid gewonnen; in Spanien, wo fast alle katalanischen Häfen mitmachen, gibt das Material auch die Aufbereitung von PET, Polyethylen, Polyester und Polystahl her.
Elegant, variabel und mehrfach zertifiziert
Uns gefällt vor allem die schlichte, elegante Form der Modelle, gepaart mit einer ansprechenden farblichen Auswahl. Sonnenbrillen bilden eine eigene Modellreihe, außerdem gibt es eine Kollektion von Sportbrillen. Manche Modelle lassen sich mit Clip-Gläsern zu einer Sonnenbrille umfunktionieren – und es ist ebenso möglich, diesen Sonnenbrillen-Clip zum Beispiel zu einem Lesebrillen-Aufsatz umzufunktionieren.
Alle Produkte sind mehrfach zertifiziert – von der Auszeichnung „Cradle-to-Cradle Gold“ über „carbon-negative Produktion“ bis hin zum veganen Label. Auch soziale Nachhaltigkeit wird nicht vernachlässigt: neben der Schaffung von Einkommensquellen vor Ort engagiert sich das Unternehmen auch gegen die moderne Sklaverei in Afrika. Mittlerweile gehören übrigens auch Uhren und Uhrbänder zum Sortiment von Sea2See.
Wallenfels: Pflanzenbasierter Kunststoff aus dem 3D-Drucker
Wallenfels hat sich für einen anderen Weg zur Nachhaltigkeit entschieden: statt das benötigte Material für Brillen aus Plastikmüll zu recyceln, stellt das Unternehmen von vorneherein biokompatibles Polyamid her. Der Vorteil: damit ist eine Brille letztlich vollständig biologisch abbaubar. Die Basis für das Material bildet Rizinusöl, das man ansonsten eher als Abführmittel kennt. Es eignet sich nicht nur hervorragend für die Synthese von Polyamid, sondern ist außerdem antiallergen.
Hier hört der süddeutsche Hersteller aber noch nicht mit der Innovation auf: Der Clou ist, dass alle Brillen mittels 3D-Druck entstehen. Bei diesem Prozess entsteht Abfall erst gar nicht, denn ein Ausstanzen oder Fräsen ist nicht notwendig. Das Polymer wird aus einer kleinen Düse gespritzt, die sich über einen Arbeitstisch bewegt und das Rohgestell Schicht für Schicht aufbaut. Per Laser wird das Material gesintert. Zum Schluss wird das Gestell in mehreren Arbeitsgängen gereinigt, geschliffen, gefärbt und versiegelt.
Auf Maß gefertigte modische Statements
Das Endprodukt kann sich sehen lassen: Die Brillen von Wallenfels sind ausdrucksstark und stellen ein unübersehbares modisches Statement dar. Welches genau das ist, das entscheiden Kunden bei ihrer Wahl aus klassisch-zeitlosen, kantig-modernen oder Vintage-Modellreihen. Nahezu jedes Fabrikat gibt es in drei verschiedenen Dicken. Damit kann zur Form auch die gewünschte Wirkung von Material und Farbe gewählt werden.
3D-Druck hat noch einen Vorteil: Jede Brille wird anhand der anatomischen Daten maßgefertigt – und sitzt dadurch perfekt. Das Einzelstück entsteht in Deutschland, und auch die Scharniere werden von deutschen Herstellern bezogen. Zum einen erfolgt dies aus Qualitätsüberlegungen, zum anderen, um lange Transportwege zu vermeiden und somit einen weiteren Schritt zur Nachhaltigkeit zu gehen.
Brillen und Nachhaltigkeit: das passt perfekt zusammen
Nachhaltige Brillen gibt es also – und sie sehen auch noch fantastisch aus. Wallenfels ist ganz neu bei uns im Sortiment, mit Sea2See haben wir schon seit einiger Zeit gute Erfahrungen gemacht. Am Markt existieren noch weitere Anbieter mit interessanten Nachhaltigkeitskonzepten – und wir hoffen, dass sich die Philosophie auch bei den großen Marken bald durchsetzt. Denn warum sollte so ein schönes und nützliches, vor allem sehr persönliches Utensil wie die eigene Brille nicht halten, was man sich von der Welt von morgen verspricht?